Heute hat mich für eine Kundin eine E-Mail von Hosteurope erreicht. Hosteurope ist ein großer Hosting Anbieter für E-Mail, Web und andere Services und seit 2017 so etwas wie die europäische Niederlassung von GoDaddy. Einem der weltweit größten Unternehmen auf diesem Markt, mit Sitz in den USA.
In dieser E-Mail wird darauf hingewiesen, dass zum Anfang Mai 2025 damit begonnen würde, die dort gehosteten E-Mail Accounts in die Microsoft365 Cloud zu migrieren. Beworben wird dieser Schritt mit den Vorteilen, die sich daraus für die Kund:innen ergeben würden:
- Synchronisierung von Daten auf allen Geräten: Mobiltelefon, Tablet oder Desktop
- Unterstützung durch unsere Microsoft 365-Experten
- Sicheres E-Mail-Konto durch Zwei-Faktor-Authentifizierung
- Upgrade-Möglichkeit auf die vollständige Microsoft 365-E-Mail-Erfahrung mit gemeinsam genutzten Kalendern, Kontakten und dem gesamten M365-Anwendungspaket, einschließlich Office und Cloud-Speicher.
Synchronisierung auf alle Geräte und Zwei-Faktor Authentifizierung sind Standards bei nahezu jedem Anbieter. Auf die Unterstützung der Microsoft 365 Expert:innen kann man wohl getrost verzichten und die Upgrademöglichkeit ist ein klassischer „up-sell“den man ja eigentlich gar nicht braucht, sofern man nur E-Mails oder eine Webseite hostet.
Das ganze würde bei 45 Mail Postfächern, welche die besagte Organisation aktuell hält (0,99€ / Postfach mit bis zu 10GB Speicherplatz) mindestens 45€ / Monat kosten. Hinzu kommen die Kosten von 9,90€ für das reguläre Webhosting.
Dies bedeutet einen Preisaufschlag von über 450%. Alternative – Umzug zu einem anderen Hoster, Neueinrichtung der Postfächer auf allen Arbeitsstationen, also einem damit verbundenem Aufwand von mindestens 10-15 Stunden und somit ebenfalls Kosten im unteren vierstelligen Bereich.
Das es, insbesondere nach den politischen Entwicklungen der letzten Wochen, keine gute Idee ist etwas in den USA zu hosten oder zu betreiben dürfte dem einen oder der anderen Person sicherlich klar sein. Aber der Schritt zurück ist nun einmal leider komplex, mühsam und nicht einfach mal von heute auf Morgen gemacht. Aber sich zwischen Abhängigkeit oder Souveränität entscheiden zu können und ersteres aus Gründen der Bequemlichkeit zu wählen ist eigentlich fahrlässig.
Und leider werden diesen Weg dennoch eine große Anzahl Kund:innen der betroffenen Hostingpakete gehen. Vielleicht nicht aus Bequemlichkeit, sondern auch weil sie die Risiken die durch solche digitalen Abhängigkeiten entstehen schlichtweg nicht verstehen oder sie sich eine Migration zu einem anderen Anbieter so spontan nicht leisten können. Denn es gibt mit Ankündigung Anfang der Woche nur etwa 2 Monate Bedenkzeit.
Sicherlich ist Hosteurope nur ein Beispiel von mehreren.
Warum wird dieser Schritt überhaupt gemacht? Hier ist Raum für Spekulation und Verschwörungen. Schreiben sie gerne an redaktion@makeitsocial.net zur Veröffentlichung.
Hier meine eigene
HostEurope gehört zu GoDaddy, einem US-amerikanischen Technologiekonzern. Microsoft-Produkte werden weltweit genutzt und genießen aus mir unerklärlichen Gründen nach wie vor einen guten Ruf. In den USA gibt es den USA PATRIOT Act, der den Behörden weitreichende Einsichten in Kommunikations- und Inhaltsdaten ermöglicht und US-Unternehmen verpflichtet, diese Informationen auf Anfrage bereitzustellen.
Seit Donald Trump im Amt ist, gibt es in Europa, auch auf Regierungsebene, Bestrebungen in Richtung digitaler Souveränität. Es ist zu erwarten, dass europäische Unternehmen, Behörden und Organisationen sich zunehmend von Microsoft und anderen US-Firmen distanzieren werden. Solche Maßnahmen, wie sie beispielsweise von HostEurope ergriffen werden, können dazu führen, dass Menschen in eine digitale Abhängigkeit gedrängt werden. Dies könnte zu einem Anstieg der Marktanteile von Microsoft führen, was wiederum den Aktienkurs und damit den finanziellen Gewinn des Unternehmens steigert.
Darüber hinaus ermöglicht der Patriot Act der US-Regierung eine stärkere Kontrolle über europäische Kund:innen und potenziell auch Einsicht in deren Kommunikation.